Traduzione Tedesca "Intervista a Augusto Milana"

“Europa in einem Zimmer”
Augusto Milana im Interview
mit Andrea Ciantar und Viviana Frisina


Uebersetzung: Bodo Finger - Berlin
Einführung

Die erste Erfahrung, die Augusto mit Europa macht, beginnt im Inneren eines Zimmers. Es ist das Zimmer seines Onkels, tapeziert mit Fotos von Europäischen Arbeitscamps der Christlichen Bewegung für den Frieden und mit den Fahnen der verschiedenen Teilnehmerländer. Aus der Neugier erwächst so die Sehnsucht, Europa aus größerer Nähe kennen zu lernen, nämlich durch die Teilnahme an den internationalen Arbeitscamps.
Diese Erfahrung führt Augusto dazu, sich in erster Linie in der Entwicklung der europäischen Jugendbewegung zu engagieren, nicht allein als Freiwilliger und Organisator von Arbeitscamps, sondern auch als Förderer von sozialen und kulturellen Initiativen, die Augusto in die Wirklichkeit der Provinz Latina überträgt und die es ihm gestatten, Europa so vielen Menschen näher zu bringen und es kennen lernen zu lassen.
Seine Erfahrung macht aus ihm einen aufmerksamen Beobachter, auch in der Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart, unter Berücksichtigung des Gewichts und der Bedeutung, die das europäische Bewusstsein heute im Leben seiner Bürger einzunehmen beginnt.
Der idealistische Schwung ist nach Augustos Meinung heute weniger stark, auch wegen konkreter Probleme, die sich aus dem Einigungsprozess ergeben haben. Doch Augusto bleibt bei seiner entschieden optimistischen Ansicht. Der Prozess der Reifung eines europäischen Bewusstseins wird in der Tat sowohl von Faktoren einer praktischen Ordnung bestimmt wie auch von dem tieferen und allgemeineren Bedürfnis, die Möglichkeiten eines jeden Einzelnen zu erweitern und zu vervielfachen, und er kann daher nur jenseits der Grenzen des jeweils eigenen Staats Fortschritte erleben.
Der Text, den wir hier vorstellen, ist die verkürzte Fassung eines umfangreicheren Interviews. Wir haben die Partien ausgewählt, die unserer Meinung nach die bedeutungsvollsten seiner Erzählung sind – man könnte vom „Herzen“ des Textes sprechen. Wir haben uns auch leichte Eingriffe in den Text gestattet – ohne den Sinn und den Stil der Erzählung zu verändern - , um beim Übergang von wörtlicher Rede zu geschriebenem Wort die Redeweise leichter lesbar zu machen.




….ich wohnte als Gast im Zimmer von Carlo, der es mit Fotografien der Arbeitscamps und der Fahnen der verschiedenen Länder tapeziert hatte. Daher beginnt meine Reise nach Europa in einem Zimmer, wo ich diesen Onkel sehe, der durch die Welt reist. Dort entsteht diese meine Neugier, der Wunsch, eben solche Erfahrungen zu machen ..... Augusto Milana

Dürfen wir Sie zunächst um eine kurze Vorstellung bitten?

Ich heiße Augusto Milana, geboren 1946 in einem kleinen Ort der Provinz Latina. Von Beruf bin ich Journalist, Chefredakteur von Radio Rai International für den Bereich Rundfunkinformation für das Ausland, sowohl für Italiener als auch für Ausländer. Über den Beruf „Journalist“ hinaus kann ich mich als Volontär betrachten, weil ich schon als Junge einen wichtigen Teil meiner Freizeit sozialen und kulturellen Aktivitäten und internationalem Kulturaustausch gewidmet habe. Das waren Aktivitäten, die sich freiwillig auf der Grundlage persönlichen Engagements entwickelt haben.

Erzählen Sie uns Ihre Geschichte und Ihren Einsatz für Europa?

Meine Geschichte beginnt in der Ferne und hat ihren Ausgangspunkt bei den internationalen Camps für Arbeit. Ich hatte Onkel, die sich in der ersten Nachkriegszeit aus Bassiano in der Provinz Latina auf den Weg machten, mit dem Rucksack auf der Schulter, um an Arbeitscamps in Europa teilzunehmen. Damals waren sie unter den ersten jungen Italienern, die bei freiwilligen Arbeitseinsätzen in Europa mitgemacht haben, vor allem in Frankreich.
Die Organisation, mit der sie aufbrachen, war die Christliche Bewegung für den Frieden, eine Organisation, die ihren Ursprung aus den Erlebnissen des ersten Weltkriegs genommen hat. Diese Vereinigung hat die Camps für freiwillige Arbeit gefördert, als ein Instrument für das Wachstum interkultureller Beziehungen. Dort treffen sich Menschen, die sich vorher noch nie kennen gelernt haben, Menschen von unterschiedlicher Bildung, Geschichte und sozialem Umfeld, und sie werden „gezwungen“, ein Leben in einer Gemeinschaft zu führen, sich auseinander zu setzen und zu vergleichen, sich die Hände schmutzig zu machen, zu arbeiten ....und dabei nicht nur die schönen Momente des Lebens in der Gemeinschaft zu erleben.
Diese jungen Leute zogen los und beschlossen, die italienische Sektion der internationalen Gesellschaft zu gründen. Ich dagegen kam in dieses Dorf nach Bassiano, um meine Tante zu besuchen. Sie war Apothekerin und war die Pflegemutter eines dieser Jungen gewesen, die keine eigene Mutter mehr hatten. Ich wurde als Gast in dem Zimmer von Carlo einquartiert, der den Raum mit Fotografien der Camps für Arbeit und mit den Fahnen der verschiedenen Länder tapeziert hatte. Daher beginnt meine Reise nach Europa in einem Zimmer, wo ich diesen Onkel sehe, der durch die Welt zieht. Dort wird in mir diese Neugier geboren, dieser Wunsch, solche Erfahrungen zu machen. Eine Vorstellung, die sich bei mir bisher nur durch den Anblick von Fotografien gebildet hatte, beginnt an diesem Punkt konkrete Formen anzunehmen, und zwar durch die Erzählungen von Menschen, die an diesen Camps teilgenommen hatten, und das treibt mich zu einem direkten Engagement.
Ich lebte am Anfang der sechziger Jahre in Itri in der Provinz Latina, wo ich gemeinsam mit Freunden ein Kulturzentrum gegründet hatte. Dort begannen wir mit internationalen Camps für Arbeit, um das aus dem Mittelalter stammende Kastell von den Schuttmassen zu befreien, die seine Stabilität gefährdeten. Schon damals betrachteten wir diesen Ort als ein mögliches künftiges Zentrum für Kultur und internationale Begegnungen.
Dort begann diese Offenheit und entwickelte sich für mich auf einem doppelten Gleis: auf der einen Seite auf internationalem Niveau, auf der anderen auf nationaler Ebene, mit der Möglichkeit, Dinge zu verwirklichen, die andere Gleichaltrige nicht haben verwirklichen können, wie die Gründung von Kinoclubs, Durchführung von Aufenthalten zu Ausbildungszwecken, Theateraufführungen, Einrichtung einer Bücherei, usw.
Am Ende der sechziger Jahre beschloss die Europäische Union, sich der Jugend zu öffnen. Sie begriff, dass man Instrumente finden und in Gang setzen musste, um die Bereitschaft zur Gründung von Gemeinschaften auf internationaler Ebene zu entwickeln, wenn man das Gemeinschaftsgefühl und vor allem die Glaubwürdigkeit der europäischen Struktur stärken wollte. So habe ich das Glück gehabt, in dieser Phase dabei zu sein, in der die europäische Jugendpolitik vorbereitet wurde. Es gab eine große Versammlung der europäischen Jugend, vertreten durch Organisationen aller Gebiete und aller politischen Tendenzen. In dieser Versammlung liegen die Wurzeln der europäischen Jugendpolitik.
Die Maßnahmen im einzelnen: die Gründung eines europäischen Fonds für die Jugend, der, erstmalig in der Politik der internationalen Institutionen, von Institutionen, Regierungen und Jugendverbänden gemeinsam geführt wurde. Über die Verwendung der Mittel dieser Fonds wurde in der Tat in paritätischer Weise beschlossen: zu 50 % von den Verbänden und für die verbleibenden 50% von den Vertretern der einzelnen Staaten, für die die Verbände in dieser Struktur eine sehr wichtige Entscheidungsgewalt hatten. Dieser Fonds erlaubte die Finanzierung realer europäischer Projekte in wenigstens fünf Ländern. Neben diesem Fonds wurde dann das Europäische Jugendzentrum Straßburg gegründet, auch dieses gemeinsam verwaltet von den Verbänden und den Regierungen. Dies alles war sehr wichtig, weil es die Entstehung einer europäischen Führungsschicht ermöglichte, von Menschen also, die über Erfahrungen und den Sinn für überstaatliche Projekte verfügten. Diesen Teil der europäischen Politik habe ich in vorderster Front miterlebt.

Erinnern Sie sich an ein Arbeitscamp ganz besonders, das – mehr als die anderen – für Sie eine sinnbildliche Bedeutung bekommen hat?

Davon gab es mehrere, aber von bestimmender Bedeutung war für mich kein Camp, sondern ein Kongress, der von der Christlichen Bewegung für den Frieden in Berlin organisiert wurde und an dem ich teilnehmen durfte. Dieser Kongress war für mich auch deswegen von Bedeutung, weil ich zum ersten Mal im Ausland war. Und dann hatten wir das Jahr 1968, und die Stadt stand im Zentrum aller neuen Bestrebungen in Kultur und Jugendpolitik.
Wichtig war dieser Kongress, weil ich dort eine Reihe von historisch sehr bedeutenden Personen traf und weil ich erfuhr, wie man seine Religion in ganz verschiedener Weise leben kann. Ich und die anderen kamen aus einer katholischen Tradition, und wir fanden uns wieder in gemeinsamer Arbeit mit dem Protestanten, dem Waldenser, mit dem Glaubenslosen, und wir wurden uns bewusst, dass wir jenseits aller strukturellen Unterschiede sehr gut zusammen leben konnten. Wir trafen dann - und wir besuchten sie auch bei sich zu Hause - junge Berliner aus dem Osten, die uns von ihrer Lage berichteten. Die bedeutungsvollste Begegnung jedoch war die mit Madame Kurtz, einer Schweizerin, der internationalen Vorsitzenden der Christlichen Bewegung für den Frieden. Sie war eine bekannte Persönlichkeit, geliebt und geschätzt wegen ihres Einsatzes, den sie zunächst für die Opfer des Nazifaschismus und später für die anderer internationaler Ereignisse gezeigt hatte.
Dieser Kongress war für mich wichtig, weil es hier eine Begegnung mit einer Reihe von Realitäten gab, die man in diesen Zeiten in einem abgelegenen Ort der Provinz Latina nur schwer hätte erleben können. Aber selbst in einer großen Stadt wie Rom hätten viele eine solche Begegnung nicht gehabt.

Welche Grundlagen sind charakteristisch für Ihr europäisches Bewusstsein?


Sicher das Gefühl, eine Bereicherung zu erfahren: Es ist eine Bereicherung, wenn man Aspekte des Lebens, der Kultur, den Aspekt einer anderen Realität kennen lernen, schätzen und in sich aufnehmen kann. Auf unserem „Alten“ Kontinent gibt es trotz allem immer noch positive Werte von Solidarität, die unser soziales Leben ausmachen und die auch einige Entsprechungen in der europäischen Außenpolitik haben. In meiner beruflichen Arbeit als Journalist habe ich oft „gespürt“, dass außerhalb des Kontinents die Tatsache, ein Europäer zu sein, in vielen Fällen ein zusätzlicher Wert ist.
Wenn ich meine beruflichen Reisen mache, bin ich immer auf der Suche nach Aspekten lokaler Kultur, und es macht mir Freude, dass auch meine Kinder sich diesen Wunsch, diese Aufmerksamkeit und diesen Respekt für kulturelle Verschiedenheit angeeignet haben. Ich betrachte mich unter bestimmten Gesichtspunkten für privilegiert, weil ich das Glück hatte, diesen internationalen Impuls und auch dieses Zentrum für Kultur erleben zu dürfen. Teilnehmen zu dürfen am Aufbau der Struktur der europäischen Jugend und die Tatsache, die Mitverwaltung in den Verbänden zu haben, sind Erfahrungen, die leider nicht alle haben erleben können.

Können Sie einen Vergleich anstellen zwischen den jungen Leuten, die in den sechziger und siebziger Jahren an den Camps für Arbeit teilnahmen, und denen, die heute dabei sind, bezogen auf ihr europäisches Bewusstsein? Wann war es stärker, früher oder heute? Und wie hat es sich Ihrer Meinung nach verändert?

Am Anfang gab es ein Ideal, das erst noch entwickelt werden musste. Europa existierte noch nicht oder jedenfalls nur in einem winzigen Keim. Daher gab es sicherlich einen größeren Schwung, eine Sehnsucht nach einem großen gemeinsamen Haus. Zweifellos war viel mehr Idealismus vorhanden. Klar ist, dass in dem Maße, in dem dieses Europa sich verwirklichte, auch die Probleme ans Tageslicht kamen. Die Reaktion war nicht mehr idealistisch, sondern eher konkret, weil Europa ein Negativfaktor wird, wenn man es nicht mehr schafft, es zu regieren.
Daher glaube ich, dass es am Anfang einen idealistischen Schwung, eine stärkere Sehnsucht nach dieser Realität gegeben hat als jetzt. Jedoch gibt es meiner Meinung nach auch heute trotz allem immer noch diesen Wunsch, denn viele Menschen machen sich klar, dass man für bestimmte Dinge dieses Europa braucht, das zwar einige Probleme bringt, aber auch sicher viele Vorteile. Man kann sich frei bewegen, man braucht kein Geld umzutauschen, man kann leichter in einem anderen Land arbeiten, usw. Es gibt viele Leute, die sich Europas als eines wichtigen Faktors bewusst sind und daran glauben. Dazu gibt es ein eher allgemeines Bewusstsein, vor allem in den Generationen der Jungen, die ihre Ausbildung in einem anderen Land vervollständigen können, die „europäische“ Familien gründen, die zur Arbeit in andere Länder der Union gehen, ohne dass sie mehr nur als rechtlose „Emigranten“ angesehen werden oder sich so fühlen.

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